Ein Jahr nach Amtsantritt der Bundesregierung ziehen die Träger der gemeinwohlorientierten Weiterbildung in Deutschland eine kritische Bilanz: Die Ampel-Koalition müsse endlich die bildungspolitischen Ankündigungen aus ihrem Regierungsprogramm umsetzen.
Es sei nachvollziehbar, dass der Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen die finanziellen Spielräume stark begrenzten. Dies rechtfertige jedoch nicht, dass es der Bundesregierung bislang erkennbar an bildungspolitischem Gestaltungswillen fehle, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme des Deutschen Volkshochschul-Verbandes (DVV), des Bundesarbeitskreises Arbeit und Leben, des Arbeitskreises deutscher Bildungsstätten, des Verbandes der Bildungszentren im ländlichen Raum, der Katholischen Erwachsenenbildung Deutschland und der Deutschen Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung.
Als „Zukunftsprogramm im Sinne eines gesamtgesellschaftlichen Empowerments“ hatten die öffentlich geförderten Träger den Koalitionsvertrag zunächst begrüßt: „Das Regierungsprogramm benennt Bildung sowohl im nationalen wie auch im internationalen Kontext als Schlüsselkomponente einer politischen Entwicklungsstrategie, um die gesellschaftliche Teilhabe jeder und jedes Einzeln zu fördern, das Gemeinwesen zu stärken, die Wirtschaftskraft auszubauen, die Lebensbedingungen zu verbessern und Konfliktherde zu befrieden.“ Allerdings versäumten es Bund und Länder bisher, das Angebot einer Bildungspartnerschaft programmatisch aufzugreifen. Die allgemeine Weiterbildung bleibe bislang lediglich Gegenstand von Rhetorik. Für die Umsetzung der im Koalitionsvertrag getroffenen Zusagen fehle es seitens des Bundes nicht nur an Haushaltsmitteln, sondern auch an tragfähigen Konzepten und konkreten Initiativen.
Mit Verweis auf die Zusage digitaler Infrastrukturförderung im Koalitionsvertrag fordern die Weiterbildungsverbände ein Umsetzungskonzept für die Eckpunkte der Initiative digitale Weiterbildung. Bei der Fortsetzung der Nationalen Weiterbildungsstrategie müsse die gemeinwohlorientierte Weiterbildung als gleichberechtigte Partner anerkannt zu werden. Gleiches gelte für die geplante Nationale Bildungsplattform. Die Bundesregierung hatte zugesagt, neben der berufsbezogenen Weiterbildung künftig auch die allgemeine Weiterbildung stärker in den Blick zu nehmen.
Die öffentlich geförderten Träger treten ein für den Erhalt der Umsatzsteuerbefreiung für die allgemeine Weiterbildung. Sie fordern eine entsprechende EU-rechtssichere Novellierung des Umsatzsteuergesetzes, um Angebote des lebenslangen Lernens weiterhin für alle Menschen kostengünstig und niedrigschwellig zu halten.
Dringend geboten seien schließlich ein leistungsstarkes Förderprogramm für dialog- und beteiligungsorientierte Demokratiebildung sowie ein Umsetzungskonzept für die Fortsetzung und den Ausbau der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung. Nicht zuletzt bedürfe es eines staatlichen Schutzschirms sowie zusätzlicher finanzieller Mittel, damit die Einrichtungen der gemeinwohlorientierten Weiterbildung die Energiekrise bewältigen können.